Ich habe noch nie einen Vater oder eine Mutter sagen hören:” Unser Kind soll das machen was ihm gesagt wird, ohne darüber nachzudenken! Ich möchte ein Kind, das wie ein Schaf der Herde folgt und keine Fragen stellt.”
Niemand will sein Kind so erziehen! Wir alle möchten unser Kinder doch zu selbstbewußten, starken Menschen machen, die sich im Leben ihren eigenen Weg suchen!
Du musst es aushalten wenn dein Kind eine eigene Meinung hat
Auf der anderen Seite sind aber viele Eltern genervt, wenn ihr Kind nicht hört oder dagegen redet: “Wieso soll ich das machen?” – “Na, weil ich es sage! Keine Widerrede!”. Kinder können schon echt anstregend sein!
Natürlich haben wir meist einen guten Grund, wenn wir unser Kind auffordern etwas zu tun oder etwas verbieten: Wir wollen sie vor Gefahren bewahren, der Familienalltag muss irgendwie bewältigt werden, Termine müssen eingehalten werden usw.
Aber wenn wir sebstbewußte Kinder großziehen wollen, die eine eigene Meinung haben, dann müssen wir es auch aushalten, wenn sie ihre Meinung äußern! Wir müssen sie sogar dazu auffordern ihre Meinung zu äußern!
Mein Kind soll auf keinen Fall “brav” sein!
“Brav sein”, das ist so ein Begriff … wenn ich den höre, dann stellen sich mir alle Haare zu Berge. Weil “brav” bedeutet für mich bedingungsloser Gehorsam. Natürlich wäre es super, wenn unsere Kinder sich immer an die Regeln halten würden, immer sofort springen wenn wir ihnen etwas sagen und nie aufmucken.
Aber ganz ehrlich: Wer will denn so ein angepasstes Zombie-Kind? So erzieht man einen Menschen, der der Herde folgt und sich von außen steuern lässt. Wie soll denn ein Kind, das so konditioniert wurde, sich später im Leben frei entfalten und durchsetzen?
So erzieht man Mitläufer und Jasager
Und so eine Erziehung kann unvorhergesehene Auswirkungen haben! Alfie Kohn, Verhaltensforscher und Author von “Liebe und Eigenständigkeit: Die Kunst bedingungsloser Elternschaft…“* sagt: Wenn ein Kind gewohnt ist sich steuern zu lassen, dann wird es sich nicht nur von den Eltern, sondern auch von anderen Leuten steuern lassen, zB von Freunden. Solche Kinder wachsen auf und werden zu Mitläufern, die Gruppenzwang nicht standhalten können.
Es schadet nicht seinem Kind ein bisschen Spielraum zu geben. Meine Kinder sollen lernen, dass sie ausscheren können, dass nicht alles was eine vermeindliche Authoritätsperson sagt in Stein gemeißelt ist. Auch ich mache Fehler! Und ich geben das meinen Kindern gegenüber offen zu.
Ich ermutige meinen Sohn zum Beispiel, das was die Kindergärtnerin gesagt hat in Frage zu stellen. Besonders für Mädchen finde ich das wichtig, weil unsere Gesellschaft ja Frauen immernoch ganz gerne herum schuppst und steuert.
Spätestens wenn die Kinder ins Teenager-Alter kommen werden sie sich sowieso in irgend einer Form auflehnen. Aber es gibt zwei verschiedene Arten sich aufzulehnen und als Eltern bestimmt man quasi was für einen Teenager man sich heranzieht:
Der Aggro-Teenager
Das ist der typische Teenager, der einfach nur provozieren will. Er leht sich nur um des Auflehnens willen auf. Egal was man sagt, dieser Teenager ist dagegen und sagt zB: “Du bestimmst nicht was ich mache!”
Wenn man einen authoritären Erziehungsstil hat, dann wird man es später höchstwahrscheinlich mit so einem Teenager zu tun haben. In einem strengen, autoritären Elternhaus lehnen sich die Kinder mehr oder weniger reflexartig auf, wenn sie älter werden.
Oft reagieren die Eltern dann mit noch mehr Strenge und es fallen Sätze wie: “So lange du deine Füße unter unseren Tisch streckst, wird gemacht was wir sagen!” usw. Oh je!
Keiner hat Respekt vor dem anderen und damit wird die Eltern-Kind-Beziehung wahrscheinlich ziemlich schnell den Bach runtergehen. Jeder konzentriert sich nämlich nur auf seine Sicht der Dinge und das erzeugt auf beiden Seiten sehr viel Wut und Frust.
Was meiner Meinung nach auch gar nicht geht ist eine Erziehung nach dem Motto: “Ich werde dich lieb haben und gut behandeln, aber nur wenn Du machst was ich sage!”
Das ist Manipulation, wenn nicht sogar Erpressung. So erzieht man keine Kinder, die für sich selbst denken und später kluge Entscheidungen treffen.
Der reflektierte Teenager
Wir sollen unsere Kinder also ermutigen sich aufzulehnen und sich eine eigene Meinung zu bilden? Ja, natürlich hört sich das schon irgendwie widersprüchlich an, seinem Kind zu sagen: “Hey lehn dich mal auf!”. Aber bedeutet das es soll nicht folgen und tun und lassen was es will? Natürlich nicht.
Es ist eine Gradwanderung: Das Kind braucht Freiräume und sich eine eigene Meinung zu bilden und um die Dinge zu hinterfragen. Deshalb finde ich es so wichtig, die Kinder immer mitzunehmen und ihnen zu erklären warum wir etwas verbieten.
Reflektierte Teenager sind lange nicht so wütend und frustriert wie die Aggro-Teenager. Sie wurden erzogen sich Gedanken zu machen und mitfühlend zu sein. Stark sein bedeutet nämlich nicht, dass man sich einfach nur ohne Rücksicht durchboxt. Sie stehen für ihre Meinung ein und tun das was sie selbst für richtig halten.
Eigenständig denkende Jugendliche erkennen wenn etwas falsch läuft: Ungerechtigkeit, Intoleranz, Gemeinheiten usw machen sie hellhörig. Aber sie gehen nicht hin und hauen einfach drauf, sondern halten inne und machen sich Gedanken, wie sie eine Situation wirksam beeinflussen können.
“Right is right even if no one is doing it; wrong is wrong even if everyone is doing it.”
(Augustine of Hippo)
Solche Kinder gehen nicht den Weg des geringsten Widerstands. Sie sind bereit unbequeme Entscheidungen zu treffen und stehen für ihre Meinung ein. Aber wie kann ich mein Kind ermutigen die Dinge in Frage zu stellen?
1. Schreibe ihnen nicht vor was sie denken sollen, sondern frag sie nach ihrer Meinung
Nimm dir die Zeit und frage nach! Wenn sie sagen “Ich hasse meinen Lehrer!”, dann antworte: “Wow, jemanden so zu hassen ist ja schon heftig! Warum hasst du ihn denn so sehr?”
Seine Meinung zu vertreten und zu argumentieren, das ist wie ein Muskel den man trainieren kann. Ein Kind braucht auch Raum um sich seine Meinung zu bilden. Lerne den Kindern eine eigene Meinung zu haben und diese zu formulieren.
Wenn die Kinder älter sind kann man ihnen hypothetische Fragen stellen: Wenn Du in dieser Situation wärst, wie würdest Du dich verhalten? Und was wäre wenn die Situation so oder so wäre?
2. Zeige den Kindern, wie man die Dinge aus der Perspektive anderer sieht
Wenn die Nachbarin abweisend und unfreundlich ist, dann hat das vielleicht einen Grund: “Schau, gestern ist ihre Katze gestorben. Wahrscheinlich ist sie sehr traurig und reagiert deshalb so.” Lerne den Kindern, dass es meistens einen Grund für das Verhalten anderer gibt, und dass wir dafür Verständnis haben sollten.
3. Lerne ihnen die Dinge kritisch zu hinterfragen, aber mitfühlend zu sein
Wenn jemand den ihr kennt zB schlecht über andere redet, dann sprich dein Kind darauf an. Stimmt das was die Person sagt? Darf man so etwas sagen? Welche Auswirkungen haben diese Aussagen auf andere? Was hättest Du in dieser Situation gemacht?
Das Kind soll sich kritisch mit der Situation auseinandersetzen und nicht nur nachplappern was andere sagen. Lasst uns unsere Kinder zu freundlichen, mitfühlenden Menschen erziehen, die mutig Dinge in Frage stellen und die richtigen Entscheidungen treffen.
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Dieser Artikel gibt nur meine persönliche Meinung wieder. Natürlich kann jeder seine Kinder so erziehen wie er oder sie es für richtig hält.
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